Strom aus Wasserkraft, das hat am Hochrhein Tradition! Unsere großen Laufwasserkraftwerke am Hochrhein produzieren teilweise schon seit über 100 Jahren zuverlässig und nachhaltig grünen Strom. Gleichzeitig stehen im Rahmen von Neukonzessionierungen, gesetzlichen Änderungen aber auch innovativen Ideen immer wieder Umbauten an den Kraftwerken an. Darum ist für mich ein Ziel dieser Legislaturperiode, jedes der über zehn Kraftwerke zwischen Schaffhausen und dem Rheinknie einmal zu besuchen. Gemeinsam mit meinem Kollegen Josha Frey MdL war ich deshalb vor kurzem in Wyhlen zu Besuch.
Das Kraftwerk Wyhlen an sich zählt schon zu den Oldies am Hochrhein. Seit 1912 und damit seit 110 Jahren sind die ältesten der 11 Turbinen in Betrieb. Die seit 1912 in Betrieb stehenden sogenannten „Francis-Turbinen“ sind heute bei hohen Wassermengen im Einsatz, denn ein Teil dieser Turbinen wurde in den 1990er Jahren durch modernere, sogenannte „Straflo-Turbinen“ ersetzt (von engl. „Straight flow“, gerader Durchfluss). Diese Bauart ist eine Weiterentwicklung einer anderen traditionellen Bauform, der Kaplan-Turbine. Straflo-Turbinen haben sich aber nie richtig durchgesetzt (bis jetzt!) und kommen nur selten zum Einsatz. Neben dem Kraftwerk Wyhlen ist vor allem das Kraftwerk Laufenburg ein Straflo-Turbinen-Hot-Spot. Die modernen Turbinen in Wyhlen tragen Namen von römischen Göttern bzw. Planeten.
Das Kraftwerk Wyhlen wurde anders als seine „Nachfolger“ in zum Beispiel Laufenburg oder Reckingen noch parallel zum Rhein gebaut. Ein Damm quer zum Rhein staut das Wasser auf und treibt es dann seitwärts durch die Turbinen der zwei Zwillingskraftwerke, denn das Kraftwerk in Wyhlen ist nicht allein. Genau gespiegelt auf der Schweizer Seite steht das Kraftwerk Augst. Die Bauform der beiden Kraftwerke parallel zum Rhein erinnert an das alte Kraftwerk in Rheinfelden, an das sich vielleicht noch so mancher erinnert.
Trotz den 110 Jahren im Betrieb ist das Kraftwerk Wyhlen ein Innovations-Hotspot, nämlich im Bereich Power-to-gas. So existiert auf dem Gelände eine 1 MW (Megawatt) Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff. Hierfür wird Strom direkt aus dem Kraftwerk genutzt. Die Anlage soll dabei einerseits selbst produzieren, ist andererseits aber auch ein großer Hebel im Bereich Forschung und Entwicklung von Elektrolyseuren und im gesamten Wasserstoff-Komplex. Angeschlossen an das Kraftwerk war hierzu auch ein Container des ZSW, in dem explizit an Elektrolyseuren und der Erzeugung von Wasserstoff geforscht wurde. Dieser Container ist zwischenzeitlich wieder umgezogen, aber die Ergebnisse der Forschung fanden schon Einzug, als der Elektrolyseur der „großen“ 1-MW-Anlage nach einem Defekt modifiziert werden musste.
Für die Zukunft plant die Energiedienst AG am gleichen Standort eine 5-Megawatt-Anlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Darüber hinaus soll auch die Abwärme der Anlage in Zukunft im Rahmen einer Nahwärmeversorgung genutzt werden. Auf die Entwicklung dieses Projektes bin ich sehr gespannt.
Ein weiteres Thema bei unserem Besuch waren auch die Auswirkungen der Klimakrise. Durch die Klimakrise werden die Wetterverhältnisse immer extremer. So müssen wir in Zukunft mit vermehrten und extremeren Unwettern rechnen, aber gleichzeitig auch mit teils langanhaltenden Dürren. Auch dieses Jahr 2022 ist bereits wieder viel zu trocken. Das merken nicht nur Landwirte bei ihrer Arbeit und jeder von uns im eigenen Garten, sondern auch die Betreiber der Wasserkraftwerke am Hochrhein: Es kommt schlicht zu wenig Wasser. Zum Zeitpunkt unseres Besuches führt der Rhein gemittelt über die letzten Jahrzehnte normalerweise knapp 1500 m³/s Wasser auf Höhe des Kraftwerks Wyhlen. Dieses Jahr kratzt der Wasserstand aber gefährlich nah an der Minimal-Marke. Zum Zeitpunkt des Besuchs flossen gerade einmal etwas über 500 m³/s den Rhein hinunter. Im Kraftwerk waren deshalb nur zwei der elf Maschinen in Betrieb. Dadurch fehlt uns in der aktuellen Situation wichtiger Strom aus Wasserkraft, der im Extremfall durch Gasverstromung ausgeglichen werden muss und welche Diskussionen dies auslöst, dass wollen wir nicht nochmal hier erwähnen.